SOUL CRYSTAL

DAS SPIEL

"Endlich da; war doch gar nicht so schwer, wie ich anfangs angenommen
hatte!", denkst Du Dir, als Du den Bus verl��t, der Dich vom Bahnhof
des Nachbarortes zu Deinem Hotel gebracht hat. Du hast es also
tats�chlich geschafft, den nervenden Ratschl�gen Deiner Eltern f�r
die n�chsten Tage und Wochen zu entkommen. Daran hast Du niemals
geglaubt, bevor Du nicht irgendwann einmal - nahe am Rande des
Nervenzusammenbruchs - von zuhause ausgezogen w�rest...

W�hrend Du die Stra�e entlangschlenderst, denkst Du an die Abreise
zur�ck, an Deine ach so besorgten Eltern, die Dir sogar noch am
Bahnhof durch das Abteilfenster hindurch kluge Ratschl�ge gegeben
haben und Dir mit ihrem permanenten Gerede und ihrer grenzenlosen
Schwarzmalerei mal wieder geh�rig auf die Nerven gingen: "Was haben
die blo�? Ich bin immerhin siebzehn; da bin ich fast schon alt genug,
um zu heiraten! Wieso sollte ich dann denn nicht auch in der Lage
sein, meine Ferien allein zu verbringen?" Siebzehn Jahre - und
dreizehn davon hast Du jedes Jahr zur selben Zeit in diesem �den
franz�sischen Kaff verbracht; mit Deinen Eltern, die es sich aus
purem Verantwortungsbewu�tsein nicht nehmen lassen wollten, jeden
einzelnen Deiner Schritte h�chstpers�nlich zu �berwachen!

"Jetzt reicht es mir aber!", sagtest Du Dir eines Tages, und teiltest
Deinen Eltern in der Dir zueigenen H�flichkeit mit, da� Du nicht
ged�chtest, einen weiteren Urlaub mit ihnen zwischen all diesen
Scheintoten in diesem franz�sichen 'Kurort' zu verbringen. Du kannst
Dich nur zu gut an die entsetzten Gesichter Deiner Eltern erinnern,
als ihr Sohnemann es doch tats�chlich einmal wagte, seinen Willen
durchzusetzen.

Auch heute hast Du noch die Scheinargumente Deines Vaters im Ohr, die
er in den endlosen Diskussionen vorbrachte. Vor allem in den letzten
beiden Monaten schienen diese Auseinandersetzungen �berhaupt kein Ende
mehr nehmen zu wollen - aber immerhin hast Du Dich ja letztlich doch
durchsetzen k�nnen! Naja, Du mu�t Dir zwar leicht schmunzelnd
eingestehen, da� Du in den letzten Wochen eigentlich schon mit dem
Gedanken gespielt hast, w�hrend der Abwesenheit Deiner Eltern zuhause
zu bleiben und eine Riesenparty zu geben. Aber Dir wurde dann doch
klar, da� Du letztlich doch gezwungen warst, zu verreisen. Schon
allein deshalb, um Deinen Eltern mal zu zeigen, wer der 'Herr im Hause'
ist!

So, und jetzt bist Du hier. Du atmest tief die frische, saubere Luft
ein und schaust Dich um: "Jawoll! Das ist genau der richtige Ort f�r
Jung-Genies wie Dich, um sich von den vielen, vielen Strapazen ihres
stressigen Alltags erholen zu k�nnen." So ist also das
Erwachsenenleben. Du bist v�llig frei. Zwar nur f�r ein paar Wochen,
aber eben immerhin frei. Und das ist im Moment das einzige, was f�r
Dich z�hlt. Nun kannst Du tun, was Du willst und nicht zuletzt:
trinken, was Du willst. Naja, und wenn Dein Urlaub dann wieder vor�ber
ist, wirst Du hoffentlich erholt und gest�rkt genug sein, um auch noch
die paar Monate bis zu Deiner Vollj�hrigkeit zuhause �berleben zu
k�nnen.

Gl�cklich und voller Tatendrang, den man von Dir zu Schulzeiten
zumindest nicht gewohnt ist, betrittst Du also Dein Hotel, klingelst
an der Rezeption nach dem Portier und l��t Dir nach Eintragung ins
G�stebuch Deinen Zimmerschl�ssel geben.

Du schleppst Dein Gep�ck auf Dein Zimmer und beginnst mit dem
Auspacken, als Dein Blick zuf�llig auf das Zifferblatt Deiner
Armbanduhr f�llt; es ist schon halb sieben, und Du wolltest Dir doch
eigentlich noch Loch Calderwood ansehen, �ber das der alte Mann, den
Du w�hrend der Busfahrt kennengelernt hast, so viele Legenden zu
erz�hlen hatte.

Also l��t Du Deine Sachen zun�chst einmal so liegen wie sie sind,
verschlie�t die Zimmert�r hinter Dir und gibst den Schl�ssel an der
Rezeption ab, um vor dem Abendessen noch einmal einen kurzen Blick auf
die Landschaft werfen zu k�nnen. Schlie�lich willst Du Deiner Mutter
ja etwas erz�hlen k�nnen, wenn Du ihr nachher Deine Ankunft meldest;
w�re ja schlie�lich noch sch�ner, wenn sie jetzt schon wieder Angst
haben m��te, da� ihr kleiner Junge wohlm�glich den falschen Bus
genommen hat und nun einsam und verlassen durch Schottlands Botanik
tigert.

Als Du aus der Hotellobby wieder auf die staubige Stra�e
hinaustrittst, um Dich auf die Suche nach dem Sagenumwobenen Bergsee
zu machen, kannst Du schon das warme, rotgoldene Licht der
untergehenden Abendsonne auf Deinem Gesicht sp�ren...